Schießsportanlage im Sieveringer Steinbruch

 

StahlzielIm Herbst 2019 wurde die Extrablatt-Redaktion mit Bildern von einem Dachbodenfund  befasst, der von der ehemaligen Schießsportanlage auf dem Abraumgelände des linken Steinbruches war (oberhalb Gspöttgraben Nr. 3).
Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Kugelfang bzw. Klappziel mit einer Brustringscheiben-Silhouette , wie sie von der SA, der HJ und den Sportorganisationen im III. Reich verwendet wurden.

 

Beschossen wurde dieses Ziel mit Luftdruckwaffen – die Spuren im Metall dürften von einer Feuerwaffe (Kadettenkarabiner o.ä.) stammen, für die derartige Ziele nicht geeignet sind.

 

 

 

 

Schießstand am Gspöttgraben, Kugelfang aus dem III. Reich

 

Tatsächlich war das Grundstück Gspöttgraben 3 von der Gemeinde Wien - gemäß eines Gemeinderatsbeschlusses im August 1928 - an den ASKÖ zur Errichtung einer "Anlage eines Sportplatzes auf den Gründen des aufgelassenen Steinbruches im Gspöttgraben" verpachtet worden.

 

BrustringscheibeBild links: Stahlziel mit Sihlouette/ Bild rechts: Brustringscheibe

 

 

 

Statt eines Sportplatzes entstand eine Schießsportanlage

 

Nicht ganz unumstritten waren Schießstände auch schon damals - schon alleine aus dem Grund, dass der zugrundeliegende Antrag unter falscher Flagge eingebracht und beschlossen wurde. In der Arbeiterzeitung vom 5. Juli 1930 wird von einer dringlichen Anfrage an den Bürgermeister von den (Christlichsozialen) Gemeinderäten Pfeiffer und Dr. Wagner berichtet, welche auf den in einer vorjährigen Sitzung gefassten Beschlusses, wonach der vom Arbeiterbund für Sport und Körperkultur beabsichtigten Anlage eines Sportplatzes auf den Gründen des aufgelassenen Steinbruches im Gspöttgraben, von der Mehrheit zugestimmt wurde. Nun habe das Magistratische Bezirksamt Döbling auch die Bewilligung für eine Schießsportanlage im Sieveringer Steinbruch erteilt. Durch den Betrieb der Schießstätte sei die Ruhe und Sicherheit der Anrainer und Ausflügler gefährdet – die Dringlichkeit der Anfrage wurde abgelehnt.

 

Die Arbeiterzeitung weiter: "Die beiden Antragsteller sollten einstweilen nach Schießständen in der Universität oder den Unterschlupfen der Heimwehr suchen."

 

Schießsport bis 1944

 

Im Jahre 1943 wurden auf der Schießsportanlage im Sieveringer Steinbruch die Wehrschießtage abgehalten, an denen 283 Mannschaften sowie Kriegsinvalide aus dem 1.Weltkrieg teilnahmen. Wenn man die Mannschaften zu je 5 Personen rechnet, dann kann man auf das Ausmaß der Anlage schließen – sie dürfte knapp an die Kapazität des heutigen Landeshauptschießstandes in Wien-Stammersdorf herangekommen sein.

 

Auch die Unterkreismeisterschaften wurden auf dieser Schießstätte ausgetragen, an denen auch Vertreter u.a. des Sportvereines von Siemens, als auch vom Postsportverein teilnahmen - um nur einige außerparteiliche Organisationen zu nennen.

 

Wenn man heute über das Gelände streift, kann man noch die Spuren von Barackengrundmauern, betonierten Flächen und sogar eines kleinen Schwimmbades erkennen. Die Trasse der ehemaligen Materialbahn (eingestellt 1903) ist am Rande des Abraumhügels, durch eine Geländestufe angedeutet, noch auszumachen. Ein kleine Wiese, ungefähr in der Mitte des Geländes, ladet die Jugend immer wieder zu Streichen und nicht widmungsgemäßen Aktionen ein (Lagerfeuer – Campieren etc.)


Am Zugang zum Gspöttgraben Nr. 3 ist eine vermauerte Türe in die  Steinstützmauer integriert. Dabei handelt es sich um den ehemaligen Lagerzugang von Graf & Stift, in der Ersatzteile für die Erprobung des Raupenschlepper Ost (RSO)  – siehe Döblinger Extrablatt 22 und 23, gelagert waren.

 

 

 

Vor der Veröffentlichung oder wissenschaftlichen Auswertung mit dem Autor Rücksprache halten. Die Bildrechte - wenn nicht anders vermerkt - hat das Döblinger Extrablatt inne.

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